Quantcast
Channel: CHIP Business Blog » venture capital
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2

Facebook, Groupon: Das dumme Geld ist wieder da – und gleich wieder weg

$
0
0

Facebooks Aktie ist nach den gestrigen Ergebnissen richtig eingebrochen, die Aktie von Groupon ist schon seit dem Börsengang auf Talfahrt – und das ist gut so. Das waren die zwei größten Börsengänge der Dotcom-Szene in den letzten Jahren und allein der Gedanke, mit der Aktie eines gehypten Internet-Startups furchtbar viel Geld zu verdienen, hat viel dummes Geld nach Silicon Valley gelockt.

Wenn ich mir die Dotcom-Szene heute ansehe, erkenne ich viele der Symptome wieder, die auch in der Zeit zwischen 1998 und 2001 zu erkennen waren. Täglich schießen neue Firmen wie die Pilze aus dem Boden, fast wöchentlich hört man davon, wie alte und neue Venture-Kapitalisten ihre Geldtöpfe mit neuen Fonds auffüllen. Und mein Magen zieht sich immer mehr zusammen.

Wo kommt dieses Geld her, was passiert damit und warum ist es schlecht für die Innovation?

Die Logik der Venture-Kapitalisten und ihrer Geldgeber (hauptsächlich Banken) nach dem spektakulären Börsengang von Netscsape Ende der neunziger Jahre: “Wir verstehen kein Wort von dem, was die coolen Jungs da bauen wollen und wozu es gut sein soll. Aber wenn wir in zehn Startups investieren und eins davon legt einen richtig guten Börsengang hin, machen wir einen Mordsprofit.”

Lauter coole Typen
Also schossen auch damals plötzlich die Startups wie die Pilze aus dem Boden und man hörte von immer neuen Venture-Kapitalisten und Investment-Fonds diverser Großbanken. Und deren monatlichen Events, den “First Tuesdays”, auf denen die neuen Supertalente identifiziert werden sollten, füllten sich mit jungen Leuten, die die neue Killeranwendung erfunden haben wollten. Viele glaubten das tatsächlich, meistens hatten sie aber nur eine Trivialfunktion entwickelt, aus der für kein Geld der Welt ein richtiges Geschäftsmodell entwickelt werden konnte.

Wo das meiste Geld der Kapitalgeber landete, konnte man sehr gut sehen: Fette Gehälter, superschicke Büros, schnelle Autos und was sonst auch immer die coolen Gründer bei Laune halten sollte. Nicht zu vergessen die mehrseitigen Hochglanzanzeigen in Zeitschriften wie “The Industry Standard” oder hierzulande “E-Business”, die an sich schon mal den Marktwert steigern sollten. Die Geldgeber nannten das “Marketing”.

Wie viel Innovation blieb tatsächlich übrig, als im Jahr 2002 die Dotcom-Blase endgültig platzte? Eine ganze Menge. Aber meiner Ansicht nach längst nicht so viel wie die Menge an Geld, das in die Gründerszene reingekippt worden war, und mit Sicherheit nicht weil so viel Geld vorhanden war. Geld kann vorhandene gute Ideen fördern, generieren kann es keine.

Entsprechend haben die meisten Firmen mit einem soliden Geschäftsmodell das Platzen der Blase überlebt, der Rest verschwand. Die Rechnung bezahlt haben aber nicht nur die Banken und die Aktionäre, die sich wie die Lemminge auf die Aktien des Neuen Marktes gestürzt hatten, sondern auch der Rest der Welt – durch eine Wirtschaftskrise, unter der auch die Innovation eine Weile ins Stocken kam, weil Internet-Firmen durch den Crash unter eine Art Generalverdacht gerieten.

Gier und Ungeduld
Die meisten Firmen, die heute als “heiß” gehandelt werden, sind in der Zeit nach dem Crash entstanden. Finanziert wurden sie überwiegend von Leuten, die während des ersten Dotcom-Booms Geld verdient hatten, aber klug investierten: Mit einem guten Verständnis für Technik und der Gewissheit, dass nur zwei Dinge schließlich zu einem guten Gewinn führen: Entweder ein solides Geschäftsmodell von Anfang an oder die Aussicht auf so viel Reichweite und Popularität für das Produkt, dass daraus ein Geschäftsmodell gestrickt werden kann, meistens mit Werbung im Vordergrund. Letzteres war der Fall bei YouTube, bei Twitter, oder auch bei Facebook.

Ich glaube, was bei Facebook und Groupon falsch gelaufen ist, hat viel mit der Ungeduld und Gier von Investoren zu tun, die aus der ersten Dotcom-Blase nichts gelernt haben. Bei Groupon haben sie lieber die Bäume in den Himmel wachsen sehen als beim 6-Milliarden-Angebot von Google zuzugreifen. Inzwischen ist Groupon laut Aktienkurs deutlich weniger wert. Ich glaube auch, dass Groupons Geschäftsmodell nur deswegen zu scheitern droht, weil es schlicht und einfach zu schnell überdehnt wurde. Ähnliche Tendenzen sehe ich auch bei Facebook: Man will zu viel zu schnell. Dabei hätte Facebook einen schnellen Börsengang gar nicht nötig gehabt, weil man aus dem operativen Geschäft schon profitabel war.

Ähnlich misslungen waren denn auch die Börsengänge der beiden. Bei beiden vermutet man Mauscheleien, um den Emissionskurs auf schwindelerregende Höhen zu treiben. Bei beiden sind die Aktionäre sehr enttäuscht, sie haben sich ja mehr versprochen. Wären sie wohl nicht, wenn sie mit ein bisschen Sachverstand an die Sache herangegangen wären, Warnungen gab es schließlich genug.

Warum ich das Ganze gut finde? Schadenfreude mag da ein bisschen mitspielen, gebe ich gerne zu. Aber mehr noch hoffe ich, dass die blutigen Nasen der Groupon- und Facebook-Aktionäre noch eine Weile zu sehen beziehungsweise in Erinnerung sein werden, damit nicht schon wieder das dumme Geld die Oberhand gewinnt und die Technik-Szene voll wird mit Typen wie in diesem Video.

 


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2

Latest Images

Trending Articles





Latest Images